Die Beprobung der fünf Arten war trotz eines feucht-kalten Frühjahrs und eines trüben Sommers vergleichsweise erfolgreich.
Anfangs April 2021 starteten die Teams der Vogelwarte mit der Beprobung der Goldammer (Emberiza citrinella). Sie beprobten im Zeitraum von zwei Monaten rund 120 Vögel. Die geplante Zahl von 150 Proben wurde nicht erreicht, weil das Fangen der Vögel durch den kalten und feuchten Frühling erschwert wurde. Trotzdem wurden Vögel in 23 der 30 geplanten Sammel-Quadrate gefangen.
Die über die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (karch) engagierten Expert*innen sammelten zwischen Anfang April und Ende Juli 2021 in 28 der 30 geplanten Quadrate, insgesamt rund 150 Proben der Kreuzkröte (Epidalea calamita) in Form von Embryonen oder Kaulquappen . Oft mussten auf Ersatzquadrate ausgewichen werden, weil zum einen die Kreuzkröte als Pionierart einen sich ständig ändernden Lebensraum besiedelt, aber sie auch eine der wenigen Amphibienarten in der Schweiz ist, bei welcher die Bestände immer noch abnehmen.
Etwas mehr als 220 Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina) wurden, in 22 der 30 geplanten Quadrate, von verschiedenen Umweltbüros zwischen Mitte Juni und Mitte August 2021 gesammelt. Das regnerische Wetter und starke Hagelstürme, welche die Vegetation in einigen Untersuchungsgebieten weitgehend zerstörten, erschwerten die Arbeit der Sammelnden und schränkten die Anzahl sonniger Tage ein, an denen die Schmetterlinge flogen und beprobt werden konnten.
Von Anfang Juni bis Anfang August 2021 beprobten die Umweltbüros erfolgreich 30 Populationen und 300 Individuen des Scheiden-Wollgrases (Eriophorum vaginatum). Zweimal kam ein Ersatz-Sammelquadrat zum Einsatz, da die Art an der vorgesehen Lokalität entweder nicht mehr oder in zu geringer Anzahl vorkam.
Die Beprobung der Kartäusernelke (Dianthus carthusianorum) durch die Umweltbüros war ebenfalls erfolgreich. Es wurden 31 Populationen und 330 Individuen beprobt zwischen Ende Mai und Anfangs Juli 2021. Sechs Ersatz-Sammelquadrate kamen zum Einsatz; häufig in Regionen, in welchen die Kartäusernelke künstlich angesät wurde.
Die random stratified proportional Sammelstrategie hat sich als sehr effizient erwiesen und wir haben den Klima-Raum der einzelnen Arten sehr gut abgedeckt, wie man in der untenstehenden Figur am Beispiel des Scheiden Wollgras gut erkennen kann. Die zufällig beprobten Individuen und Populationen (rote Punkte) decken sehr gut den erwarteten Klima-Raum (graue Punkt) ab. Der Klima-Raum deckt auf der X-Achse den Bereich von tief und hoch gelegenen Regionen ab, wie man an der Jahrestemperatur erkennen kann, und auf der Y-Achse regenreichen und regenarmen Regionen.
Die Arbeiten für die retrospektive Analysen mit den Museumsproben laufen zurzeit. Die DNA von Proben, die älter als 40 Jahre sind, ist im Vergleich zu DNA aus frisch gesammelten Proben stark fragmentiert, meist kürzer als 70 Basenpaare, und beschädigt, was sie sehr anfällig für Kontaminationen durch neue und frische DNA von Menschen oder anderen im Labor bearbeiteten Proben macht. Dadurch ist der Einsatz von modernsten Reinraumlabors erforderlich, wie sie am Institut für Evolutionäre Medizin (IEM) der Universität Zürich verfügbar ist. Das Reinraumlabor verfügt über alle notwendigen Geräte für die verschiedenen Phasen der Analyse alter DNA, darunter ein Überdrucksystem, ein UV-Sterilisationssystem und mehrere isolierte Arbeitsplätze, an denen das Forschungspersonal mit Ganzkörperschutzausrüstung arbeitet. Nur dank dieses vorsichtigen Ansatzes sind die Gewinnung und Sequenzierung von DNA aus Belegexemplaren auf zuverlässige Weise möglich und rechtefertig die Beprobung der wertvollen Herbar- oder Sammlungsexemplare. Zurzeit werden im Reinraum je ca. 200 Belegexemplare des Scheiden-Wollgrases und des Baldrian-Scheckenfalters aus Schweizer Sammlungen bearbeitet.
Die Erstellung dDie Erstellung der Referenzgenome der fünf Arten sind weit vorgeschritten und dank neuer Sequenziertechnologien (PacBio HiFi Reads und OMNI-C Scaffolding) hat die Qualität der Referenzgenome unsere Erwartungen übertroffen. Die meisten Genome sind beinahe auf Chromosomen-Level assembliert. Dies gilt sogar für die Kreuzkröte, welche das grösste Genom der fünf Arten hat. Mit 3.8 Milliarden Basenpaaren ist es sogar grösser als das menschliche Genom.
Auch dieses Jahr warten grosse Arbeiten auf uns. Die DNA der 1’120 gesammelten Proben wird extrahiert, sequenziert und bioinformatisch ausgewertet. Zusätzlich gehen die Arbeiten bei den Proben aus den Museen weiter. Nach der Extraktion und der Sequenzierung der DNA werden auch diese Daten bioinformatisch analysiert.